„Unweit des freundlichen Dorfes Neukirchen liegt in seiner Nordmark am alten Bachlauf des Hugengrabens einer der ältesten Höfe, wenn nicht der älteste Hof der früheren Gemeinde Neukirchen überhaupt, der „Averdunkshof“, dessen weitumfassende Gebäulichkeiten gar trutzig ins niederrheinische Bauernland hinausschauen und uns mahnen, hier einmal Rückschau zu halten in den vergilbten Blättern seiner interessanten geschichtlichen Vergangenheit.
Diese Jahrhunderte umfassende Geschichte des alten Averdunkshof zeigt uns in ihrer Ganzheit ein getreues Bild der bäuerlichen Entwicklung in der engeren Heimat, und sie ist damit eng mit dem Geschehen des nahen Kirchdorfes verbunden. In ihrer engen Verbundenheit mit dem angestammten Boden zeigt uns gerade die Geschichte des Hofes den Hochstand bäuerlicher Schaffenskraft, die auch in der weiteren Umgebung dem Bild des treuwirkenden mit der Scholle engverwachsenen Grafschafters die persönliche Eigenart gab.
Inmitten der bäuerlichen Wirtschaftsgebäude liegt das alte Wohnhaus mit anschließenden Stallgebäuden, dessen Bauweise auf die älteste Bauart am Niederrhein hindeutet. In ihm finden wir das alte Sachsenhaus wieder, das vor einem Jahrtausend hier heimisch wurde. Alte Eisenanker mit Jahreszahlen deuten seine Weiterentwicklung an.
Im Sturme der Zeitgeschehnisse der letzten 600 Jahre hat dieser alte Bauernhof manches über sich ergehen lassen müssen. Nicht nur Zeiten friedlicher Aufbauarbeit sind hier an ihm vorbeigerauscht, sondern auch das Unheil zerstörender Mächte pochte an seine Pforten.“
„In 1322 erfolgte die erste urkundliche Erwähnung von Tillmanno de Overdune auf dem 1. Averdunkshof. In 17. Generation übernahm dann Gottfried Averdunk (1799-1872) das Erbe der Väter, der es wesentlich erweiterte und es als tatkräftiger und umsichtiger Mann verwaltete. Nachdem er einen Teil des Pieperschen Hofes am 25.11.1837 verkauft hatte, übernahm er im Frühjahr 1848 den elterlichen Hof für 10 000 Taler. Dadurch, dass er Vorschelshof behielt, übernahm er eine ansehnliche Schuldenlast, die er durch ausgezeichnete Bewirtschaftung beseitigte und zu einem gewissen Wohlstand gelangte. Er war ein Freund landwirtschaftlicher Erneuerungen, besonders auf dem Gebiet der Bodenbearbeitung und der Viehwirtschaft (Abmelkstall).
Bei seinem Hofe legte er einen Ziegelofen an, der auch das Material zur Umgestaltung und Erweiterung des Hofes lieferte und ihn finanziell sicherstellte. Das Aussehen des heutigen Hofes ist das Hauptwerk von Gottfried Averdunk.
Er erweitete zunächt das Vorderhaus nach Norden. „Der Haupteingang war ursprünglich im Westen, durch die Linde beschattet. Dort trat man in einen großen schönen Flur, der bis zu dem, dem Eingang gegenüberliegenden Herde reichte; an den Seiten links und rechts eine Treppe zu den Schlafzimmern und dem Söller, der hauptsächlich zur Aufnahme des Kornes diente. Der Vater ließ, um einen größeren abgesonderten Raum zu gewinnen, diesen Flur durch eine Quermauer teilen, den alten Eingang vermauern und den Südeingang zum Haupteingang machen, wie er es jetzt ist. Nach Westen wurden nach Vergrößerung der Küche die Schweineställe angebaut. Er verlagerte auch das Hinterhaus nach Osten und verlegte den Eingang zur Diele von dem Ostgiebel nach der Südseite.“ (Nach Privataufzeichnungen von Prof. Heinr. Averdunk, 1840-1927). Daneben wurde eine große Scheune neu gebaut, eine alte erneuert, Schuppen, Stallungen, Schafstall, Brennerei, Brauerei, Krautpresse, Zimmermannswerkstätte, Schmiede und Backhaus neu errichtet.
Gottfried, der bis zuletzt kräftig und gesund blieb, starb am Schlagfluß nach kurzem Krankenlager am 9. September 1872.
Nachdem sein Sohn Jakob vom 28.7.1878 bis 3.5.1898 den stattlichen Hof bewirtschaftete, verkauften seine Kinder ihn an einen Industriellen aus Krefeld, und den Borchelshof an die Firma Krupp.“
von und nach HERMANN THELEN, 1932